CJM – Kardiomyopathie mit juveniler Mortalität
09.08.2022 09:04

von DR. MED. VET. SUE CHANDRARATNE

Kardiomyopathie mit juveniler Mortalität (CJM) ist eine Erbkrankheit, die durch vorzeitiges Sterben von Welpen bei der Geburt oder spätestens im Alter von 6 bis 8 Wochen charakterisiert ist. Die Welpen entwickeln sich zunächst normal, später zeigen sich unspezifische klinische Symptome, wie z.B. Erbrechen, unkoordinierte Bewegungen (Zittern, Stolpern), respiratorische Probleme. Die Welpen sterben einige Tage nach Erscheinen der ersten klinischen Anzeichen infolge des Herzversagens. Die CJM verursachende Mutation wird autosomal rezessiv vererbt.

Die Geburt von betroffenen Welpen kann sicher ausgeschlossen werden, wenn bei Verpaarungen darauf geachtet wird, dass mindestens eines der beiden Zuchttiere frei von dem Gendefekt ist.

Erfahrungsberichte von Züchtern, die seit der Testmöglichkeit (2020) feststellten, dass sie unwissentlich zwei Träger verpaart hatten, untermauern den Verdacht, dass bei CJM die Welpen auch während der Embryonalentwicklung absterben können. Die Wurfgrößen solcher Trägerverpaarungen lagen unter dem Durchschnitt und nicht immer sind Welpen bei oder nach der Geburt verstorben.

Bei CJM handelt es sich um einen mitochondrialen Translationsdefekt. Die Krankheit wird durch die Mutation c. 1054G>A im YARS2 Gen verursacht, welches die mitochondriale Tyrosyl-tRNA Synthetase 2 kodiert.

Aus der Studie:

Zitat
Der Verlust von Hundewelpen im Alter von sechs bis acht Wochen nach normaler Entwicklung ist relativ selten. Nekropsiebefunde bei zwei spontan verstorbenen belgischen Schäferhundwelpen zeigten eine abnormale Materialansammlung in mehreren Organen. Ein dritter verstorbener Welpe zeigte leichte Anzeichen einer Entzündung des Zentralnervensystems und einer Enteritis (Unter einer Enteritis versteht man eine Entzündung des Darms, im engeren Sinne des Dünndarms). Die Welpen waren eng verwandt, was den Verdacht auf eine genetische Ursache erweckte. Die Stammbaumanalyse deutete auf eine monogene autosomal rezessive Vererbung hin. …..YARS2 codiert die mitochondriale Tyrosyl-tRNA-Synthetase 2 und die vorhergesagte Aminosäureveränderung ersetzt ein negativ geladenes und evolutionär konserviertes Glutamat an der Oberfläche der tRNA-Bindungsdomäne von YARS2 durch ein positiv geladenes Lysin. Menschliche Patienten mit Funktionsverlustvarianten bei YARS2 leiden an Myopathie, Laktatazidose und sideroblastischer Anämie 2, einer Krankheit mit klinischen Ähnlichkeiten zum Phänotyp der untersuchten Hunde.

Gurtner, C., Hug, P., Kleiter, M., Köhler, K., Dietschi, E., Jagannathan, V., & Leeb, T. (2020). YARS2 Missense Variant in Belgian Shepherd Dogs with Cardiomyopathy and Juvenile Mortality. Genes, 11(3), 313.



Genetisches Schema der involvierten Tiere der Studie und deren Verwandtschaft





Die Trägerfrequenz bei den getesteten belgischen Schäferhunden in der Studie betrug 27,2%

Füllt man die Ahnentafel aus, dann stehen oben Stoned van de Duvetorre, ein Elgos du Chemin des Plaines Sohn. Beides Popular sires, durch die sich die hohe Frequenz an Trägern leicht erklären lässt.

Statistik aus unserer Datenbank. Die Daten werden regelmässig aktualisiert:



Fallbeispiel 1: „A-Wurf von Malihatten“



Wurfstärke 3/2

Betroffen 1 Rüde

Der Welpe zeigte nach der Impfung ein vermindertes Allgemeinbefinden, war knurriger als sonst und hat die anderen Welpen von sich weg gebissen. Appetit war gesteigert, Temperatur normal, Lymphknoten +. Der Welpe verlor etwas an Gewicht.

Mit 8 Wochen am Morgen Krampfanfall, generalisiert, über etwa 2 Minuten. Der Welpe sabberte, war danach wieder ansprechbar, bekam aber im 30 Minutentakt weitere Anfälle (Dauer jedes Mal um die 2 Minuten mit anschließendem Sabbern).

In der Klinik wurde zunächst initial im Krampf mit Valium behandelt, Blutbild war unauffällig. Während der stationären Aufnahme zeigte er keine Anfälle mehr. Er blieb ein Tag in der Klinik. Zunächst schien sein Befinden wieder normal und er wurde entlassen. Beim Abholen verstarb der Welpe an Herzversargen.

Anbei findet ihr den Sektionsbefund des betroffenen Welpens:





Fallbeispiel 2: „B-Wurf Hight Impact“



Malinois Wurf mit 6 Welpen

Nach dem ersten totgeborenen Welpen tut sich die Mutter schwer mit Gebären, weshalb ein Kaiserschnitt durchgeführt werden musste. Von den fünf verbleibenden Welpen überleben nur drei die Operation, eine unüblich hohe Sterblichkeit. Die verbleibenden drei Jungtiere (zwei Hündinnen und ein Rüde) entwickeln sich aber vorerst normal. Im Alter von rund 6 Wochen zeigten zwei der drei Welpen plötzlich folgende Symptome: reduzierter Appetit, Apathie und Erbrechen. Teilweise entwickelten sie Atemnot und Zitteranfälle. Nach kurzer Krankheit stirbt der erste Welpe; und kurze Zeit darauf trotz Überweisung in eine Klinik auch der zweite – beide Tiere sind keine 8 Wochen. Der dritte Welpe hingegen entwickelt sich weiter normal und ist auch heute gesund. Die beiden verstorbenen Welpen wurden pathologisch untersucht. In der mikroskopischen Untersuchung konnten abnormale, angeschwollene Herzmuskelzellen und außerdem in Leber und Bauchspeicheldrüse unübliche Ablagerungen von unstrukturiertem Material gefunden werden. Die Todesursache scheint angesichts der veränderten Herzmuskelzellen schlussendlich ein Herzversagen gewesen zu sein.

Mehr zu diesem Wurf kann man hier nachlesen.

Durch den Einsatz der Züchterin Claudia Thiebet konnte diese Form der Ataxie erforscht werden und der Gentest für CJM entwickelt werden. Vielen Dank Claudia für deinen Einsatz!!!




Quellen:

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32183361/
lyssbachvet.ch/patienten/fallberichte/Nr-143-Juli-2020-CJM-Welpensterben-beim-Malinois.php
https://www.genetics.unibe.ch/forschung/.../index_ger.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Letalfaktor

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